Die Lage am Morgen - Joe Biden in Frankreich, Folgen des Mannheimer Messermordes, Wladimir Putins Wirtschaftsforum (2024)

Gastgeber mit Absichten

US-Präsident Joe Biden traf gestern als letzter der vielen geladenen Staatsgäste zu den Gedenkfeiern des 80-jährigen D-Day-Jubiläums in der Normandie ein. Insgesamt fünf Tage wird er Frankreich besuchen, es sei die längste Visite eines US-Präsidenten seit Jahrzehnten, so ließ der Élysée ungewohnt stolz verkünden.

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Morgen Mittag wird Biden in Paris am nördlichen Ende der Champs-Élysées erwartet, um dort die Flamme am Grab des unbekannten Soldaten neu anzuzünden. Anschließend ist ein Arbeitsessen im Élysée-Palast geplant und am Abend ein Staatsdîner zu Ehren des Ehepaars Biden.

Es ist der erste Staatsbesuch Bidens in Frankreich seit seinem Amtsantritt. Mit Emmanuel Macron, so heißt es in Paris, will sich der US-Präsident vor dem geplanten G7-Gipfel in Italien und dem Nato-Gipfel in Washington im Juli unter anderem über die Unterstützung der Ukraine unterhalten.

»Der Besuch Bidens ist Teil einer Reihe staatstragender Begegnungen Macrons, die der französische Präsident vor den Europawahlen an diesem Wochenende demonstrativ nutzt«, sagt Frankreich-Korrespondentin Britta Sandberg.

Erst vergangene Woche war Macron in Deutschland zu einem Staatsbesuch empfangen worden, dem ersten eines französischen Präsidenten seit 24 Jahren. Gestern ließ sich Macron mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei den D-Day-Gedenkfeiern in der Normandie fotografieren.

»All das wird allerdings kaum das schlechte Abschneiden der Regierungspartei am kommenden Wahlsonntag verhindern können«, sagt meine Kollegin. »Der rechtspopulistische Rassemblement National könnte zusammen mit der Rechtsaußen-Partei von Éric Zemmour an die 40 Prozent der Wählerstimmen erreichen.«

Es wäre eine traurige politische Premiere.

Biden hat übrigens gestern in der Normandie gesagt: »Die Demokratie ist nie garantiert. Jede Generation muss sie erhalten, sie verteidigen und um sie kämpfen.«

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Nach der Tat

Nun ist es eine Woche her, dass der Polizist Rouven L. in Mannheim mit einem Messer angegriffen worden ist. Der 29-Jährige starb am Wochenende.

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In Mannheim und Berlin wird heute des Toten gedacht, um 11.34 Uhr initiieren Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) eine Schweigeminute.

Um zwölf Uhr ruft die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zum gemeinsamen Schweigemarsch der »Blaulichtfamilie« in Berlin an der Landesvertretung Baden-Württemberg auf.

Der mutmaßliche Täter, der 25-jährige Sulaiman A., stammt aus dem afghanischen Herat. Da die Ermittler ein islamistisches Motiv vermuten, wird in diesen Tagen wieder über den Islamismus diskutiert. Das zeigt sich auch an weiteren, für heute angekündigten Veranstaltungen.

Am Nachmittag ruft der Kreisverband Mannheim des Deutschen Gewerkschaftsbundes gemeinsam mit zahlreichen Partnern aus Parteien, Religionsgemeinschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu einer Kundgebung auf. Das Motto: »Mannheim steht zusammen – für Demokratie und Vielfalt«. Die Betonung der »Vielfalt« spricht für sich.

Am frühen Abend wiederum initiiert die AfD eine Art Gegenprogramm. Sie veranstaltet auf dem Marktplatz in Mannheim eine Demonstration gegen Islamismus.

Da sind gerade viele Emotionen im Spiel, selbst bei dem ansonsten so wohltemperierten Bundeskanzler. Olaf Scholz (SPD) sagte gestern im Bundestag bei seiner Regierungserklärung zum Thema Sicherheit: »Es empört mich, wenn jemand schwerste Straftaten begeht, der hier bei uns Schutz gesucht hat. Solche Straftäter gehören abgeschoben, auch wenn sie aus Syrien oder Afghanistan stammen.«

Doch die Forderung nach der Abschiebung von Gefährdern läuft im Fall Sulaiman A. erst einmal ins Leere. Er hat vor der Tat, so wie es bisher aussieht, ein unauffälliges Leben mit Frau und Kindern geführt.

Insofern muss nun genauso wie über Abschiebungen auch weiterhin über bessere Integration diskutiert werden. Die Positionen schließen einander nicht aus.

  • Mehr Hintergründe: Laut Akten war er ein Musterbeispiel für gelungene Integration

Putins Scheinerfolg

Robuste Wirtschaft trotz Sanktionen? Russlands Präsident Wladimir Putin wird genau das demonstrieren wollen, wenn er bis morgen mit Unternehmensvertretern aus Dutzenden Staaten sein Internationales Wirtschaftsforum abhält.

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Tatsächlich erweist sich Russlands Wirtschaft zurzeit als stabil. Doch das ist nicht so überraschend, wie es erst einmal klingen mag. Die Kriegswirtschaft kurbelt die ökonomische Lage insgesamt an. Russlands Militär benötigt Waffen, Munition, Verbandsmaterial und vieles mehr.

Experten glauben nicht, dass die Entwicklung nachhaltig sein wird.

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Gewinner des Tages…

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…ist eine noch unbekannte Bieterin oder ein noch unbekannter Bieter. Ernst Ludwig Kirchners Gemälde »Tanz im Varieté« aus dem Jahr 1911 war 100 Jahre lang verschollen. Nun ist es wieder aufgetaucht und wird heute vom Auktionshaus Ketterer in München versteigert.
Ohne ein gewisses finanzielles Pölsterchen wird es aber nicht zu haben sein. Der Wert des Gemäldes wird auf zwei bis drei Millionen Euro geschätzt.

  • Die neue Nervosität auf dem New Yorker Kunstmarkt

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Bundestag beschließt THC-Grenzwert im Straßenverkehr: Wie die Promillegrenze beim Alkohol gibt es künftig auch für Cannabis am Steuer einen Grenzwert – und zwar 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Der Bundestag besserte das Cannabisgesetz auch in anderen Punkten nach.

  • Eklat um Zwischenruf bei Rede zu getötetem Polizisten: Im Berliner Abgeordnetenhaus geht es um den verstorbenen Rouven L. – als ein abschätziger Kommentar und Gelächter aus den Reihen der Grünen zu hören sind. Fraktions- und Parteivorsitzende entschuldigen sich.

  • Joe Biden würde eigenen Sohn bei Verurteilung nicht begnadigen: Hunter muss sich wegen unerlaubtem Waffenbesitz vor Gericht verantworten. Vater Joe könnte als US-Präsident theoretisch eine Begnadigung aussprechen. Nachfragen dazu beantwortete er nun knapp – aber deutlich.

Diesen Text möchte ich Ihnen heute besonders empfehlen:

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»Du räumst nie auf, du bist so faul!«: Bei Konflikten in Beziehungen verlieren wir schnell die Bedürfnisse der Partnerin oder des Partners aus den Augen – aber auch die eigenen. Wie Sie es schaffen, den Überblick zu behalten und kompromissbereit zu bleiben, erfahren Sie hier im SPIEGEL-Coaching.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihre Susanne Beyer, Autorin der Chefredaktion

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